...so ging es weiter

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Nun, die Entscheidung über ein zweites CI für Malte reifte eigentlich sehr schnell. Ende 2004 fingen wir an zu diskutieren ob es nicht besser wäre Malte noch vor dem ersten Kindergartentag bilateral versorgt zu haben. Schon bald war uns dann eigentlich auch klar, dass wir diesen Weg gehen wollten um Malte die bestmögliche Entwicklung zu gewährleisten. Die Reha und auch eine Vorstellung bei Dr. Kuke in Minden zeigen, dass er ein sehr günstige Prognose für die Sprach- und Hörentwicklung hat und dementsprechend sind wir der Meinung, dass ein zweites CI nur förderlich sein kann.

Es ging also jetzt darum herauszufinden, ob unsere Krankenkasse (KK) dies auch tragen würde. Da die MHH Hannover uns zu Anfang von Maltes Geschichte ja nicht gerade bei dem Gedanken der bilateralen Versorgung unterstützt hat, gingen wir davon aus, dass wir uns nach einem anderen Behandlungsort umsehen müssten um auch die Entsprechenden Gutachten für eine positve Entscheidung der KK zu erhalten.

Schnell waren wir mit der Uniklinik Kiel in Kontakt und wurden dort auch mit offenen Armen empfangen. Nach einer Vorstellung im .... wurden uns bereits OP Termine für Ende Februar genannt. Im Gegensatz zu Maltes erster OP schien nun alles ganz schnell zu laufen. Kiel war begeistert und zeigte sich absolut bereit uns bei der Anfrage der Kostenübernahme durch die KK mit entsprechenden Schreiben zu unterstützen.

Es hing nun alles von der KK ab um eine frühe OP zu gewährleisten.

Wir möchten hier nicht lange über die Krankenkassen philosophieren. Eines nur als Tipp: sicherlich ist es ratsam ein persönliches Gespräch mit dem Berater der KK und deren Medizinischen Dienst zu suchen und zu zeigen, wie sehr man als Eltern an dem Wohl des Kindes interessiert ist. Uns hat das sehr geholfen. Wir hatten einige Gespräche mit der KK und haben letztendlich schnell einen positiven Bescheid erhalten.

Während wir auf die Benachrichtigung der KK warteten haben wir uns auch noch mal mit der MHH Hannover in Verbindung gesetzt um über eine bilaterale Versorgung zu sprechen. Zu unserer Überraschung war man sofort positiv aufgeschlossen, ganz im Gegensatz zu unseren Gesprächen von vor 2 Jahren. Wir erwähnten zusätzlich, dass wir bereits mit der Uniklinik Kiel in Kontakt waren und dort einen schnellen Termin haben könnten. Nach Vorstellung in Hannover war dann auch klar: die OP kann auch in Hannover stattfinden.

Wir haben uns dann nach einigen Diskussionen für Hannover entschieden. Ausschlaggebend waren zwei Gründe.

  1. Malte kennt die Reha in Hannover sehr gut und fühlt sich dort wohl. Er muss nicht wieder in eine neü Umgebung finden. Und die Fahrerei zur Reha hält sich in Grenzen im Gegensatz zu der langen Fahrt nach Kiel.
  2. Während Kiel im Jahr nur ungefähr 50 OPs durchführt, hat Hannover eine Leistung von mehr als 200 OPs und dementsprechend aus unserer Sicht mehr Erfahrung.

Wir haben also unsere Entscheidung bekannt gegeben und um einen Termin gebeten. Dieser wurde dann für den 12. Mai 2005 angesetzt

 

Der Tag der OP
Ich glaube, dieser Tag war noch aufregender als bei Malte’s erster OP. Schon im Vorfeld war uns diesmal bewusst, dass nicht unbedingt alles gut gehen muss.

Beim ersten CI hieß die Devise: „es kann ja nicht schlimmer werden“. Jetzt war uns klar, dass die äußerst positive Entwicklung von Malte durchaus einen Knacks bekommen könnte, wenn etwas schief geht. Es gab so viele Faktoren zu bedenken, aber wir wollten uns einfach nicht den Kopf zerbrechen über Dinge, die eh nur selten vorhersehbar sind. Alles lief bisher so gut, warum sollte uns (Malte) das Glück jetzt gerade verlassen und außerdem überwogen die Pro’s.

Diesmal hatten wir auch Jan, Malte’s älteren Bruder, mitgenommen um gemeinsam mit ihm jeden Augenblick zu durchleben. Er sollte sich nicht ausgeschlossen und zurückgesetzt fühlen. Gleichzeitig wollten wir ihm damit auch vermitteln, welche Schwierigkeiten Malte auf sich nehmen muss, um ein besseres Leben führen zu können. Außerdem ist Jan nicht nur sein Bruder sondern auch sein bester Freund, Beschützer und Tröster in einer Person.

 

Hinzu kam, dass auf dem Stationszimmer der MHH auch noch ein anderer kleiner Junge (auch Malte), der gerade erstversorgt war, mit seiner Mutter lag. Die Beiden konnten natürlich großartig spielen und auch die grössere Schwester hatte es Malte angetan. So hatte er also genug Ablenkung und musste kaum an die bevorstehende OP denken.

Wer war nun nervöser? Die Eltern natürlich. War es „DAS“ wirklich alles wert. Es lief alles so gut, sollte man da das Schicksal nochmal herausfordern? Was konnte eigentlich alles passieren? Was, wenn Malte das neu CI ablehnen würde? ...

So viele Gedanken und keine klaren Antworten. Leider trifft man auch die behandelnden Ärzte nicht sehr häufig, so dass die meisten Dinge unausgesprochen bleiben und man mit seinen Fragen alleine bleibt. Nun, wir haben viel und lange in der Familie darüber gesprochen und eigentlich hat uns das auch den meisten Halt gegeben.

Wie auch immer, es war nun soweit. Malte wurde „schlafen“ gelegt. Er hatte sein OP Hemdchen bereits an und fröstelte so vor sich hin. Bis zum OP Raum haben wir ihm auch das „alte“ CI dran gelassen, damit er weiter hören konnte. Erst auf der OP Station haben wir ihm das CI abgenommen und ihn mit feuchten Augen übergeben.

Es sind diese kleinen Szenen die sich tief in die Erinnerung einbrennen und ich werde nie vergessen, wie er uns angeguckt hat, bevor es in den OP Saal ging.

Jetzt heisst es warten und sich die Zeit vertreiben. Frühstück wäre gut. Mit Jan spielen lenkt ab. Durch die Passage der MHH schlendern, verbraucht Zeit. Frische Luft schnappen.

Zum Glück dauerte es diesmal nicht lange. Kaum 2 Stunden später war Malte schon wieder im Aufwachraum. Daniela durfte zu ihm, während Jan und ich auf dem Flur gewartet haben. Schon nach einer halben Stunde ging es Malte den Umständen entsprechen gut und er durfte auf die Station. Unglaublich wie schnell sich so ein Kleiner von solchen Strapazen erholen kann. Malte jedenfalls nahm alles ohne groß zu murren. Nur der dicke Turban gefiel ihm überhaupt nicht. Aber damit musste er natürlich für den Anfang leben. Das „alte“ CI war mittels Pflaster am Verband befestigt und somit konnte er uns auch gut hören.
Rumlaufen war auch kein Problem. Spielen, toben, alles ging wieder recht schnell. Es verging kaum Zeit, da hatte er Station und Zimmer schon wieder voll im Griff.

Zur Belustigung der Kinder sorgt die MHH für Abwechslung und ein Clown schaute in den nächsten Tagen vorbei.

Relativ schnell, nach der üblichen Zeit, wurde Malte dann schon wieder aus der MHH entlassen und konnte nach Hause. Das gefiel ihm natürlich gut, obwohl er auch gerne in der MHH geblieben wäre, da es dort ja so viel zu gucken und zu spielen gibt.
Ab dann ging auch wieder alles ganz schnell. Das neü CI, jetzt ein Freedom von Nucleus als HDO, wurde nach vier Wochen dann im CIC angestellt und programmiert. Malte war eigentlich direkt zufrieden, obwohl er ja vor der OP immer wieder mal betonte, dass er das zweite CI gar nicht braucht, da er ja schon mit einem CI so gut hören könne.
Mehr gab es eigentlich nicht zu tun. Die üblichen Tests wurden durchgeführt und alles wurde als zufriedenstellend eingestuft. Malte hatte keine Klagen und hat sich schnell an das Tragen des HDOs gewöhnt.

Natürlich gibt es auch mal Schwierigkeiten. So ist das HDO Gerät ziemlich schwer für das kleine Ohr, allein durch die drei Knopfzellen. Wir haben es mit Toupe Kleber fixiert und trotzdem fällt es beim Toben oder Sport schon mal wieder ab. Kabelbruch und kleinere technische Probleme gibt es auch dann und wann. Es wird halt im „Kindereinsatz“ getestet.

Auch im Kindergarten, den Malte seit Sommer 2005 besucht, gibt es keine Schwierigkeiten. Er geht in den kleinen Dorfkindergarten in Marhorst, in dem schon seine Oma als Erzieherin gearbeitet hat und wurde dort auch wunderbar von allen Kindern akzeptiert. Die beiden Betreürin der Maulwurfgruppe haben sich sofort auf ihn eingestellt und sich intensiv mit uns beratschlagt, wie man Malte den Tagesablauf so einfach wie möglich in der Gruppe gestalten kann, ohne zuviel „Aufsehen“ zu erregen.

Der Kindergarten hatte kurz zuvor eine Renovierung erhalten und in diesem Zuge besondere Schalunterdrückung bekommen. Das war ein großer Zufall.

Wir haben den Erzieherinnen beide CI’s erklärt und genau gezeigt, wie Batteriewechsel und Einstellungen, wenn nötig, vorgenommen werden können.

Er hat nun immer sein kleines Kästchen dabei mit Batterien zum wechseln. Häufig lässt er aber auch eins der Geräte ausgehen, wenn die Batterien „platt“ sind, ohne etwas zu sagen. Das liegt wohl auch daran, dass er auch mit einem Gerät sehr gut hören kann. Das räumliche Hören spielt dabei wohl noch keine so große Rolle für ihn.

Im Winter, über Neujahr, waren wir dann mit unseren beiden Jungs im Skiurlaub in Italien. Auch das war natürlich wieder ein kleiner Test für uns mit Malte. Wie gut würde Skifahren und CI zusammen passen? Kann er unter dem Helm überhaupt etwas hören?

Und wie immer, haben wir uns die Gedanken ganz umsonst gemacht. Ohne Probleme hat Malte den Helm angenommen. Wir haben allerdings das Freedom abgenommen aus Platzgründen.

Die Batterien haben trotz Kälte gut gehalten. Sind natürlich auch immer geschützt unter dem Pullover gewesen.

Ihm hat das so Spass gemacht, dass er gleich in den Osterferien mit seiner Oma in den nächsten Skiurlaub gefahren ist.

Was soll man also sagen? Alles „läuft“ wunderbar. Malte entwickelt sich prima und hat sehr gute Prognosen. Er ist normal integriert in seine Umwelt. Selten, wie z.B. in unserem relativ lauten Auto, „klinkt“ er sich aus Unterhaltungen aus, weil er nur schwer versteht oder folgen kann.

Er scheint nun auch langsam ein räumliches Hören zu entwickeln.
Tipps & Tricks
Wir können hier nur beschreiben, wie wir Malte durch sein Leben begleiten und wie wir mit den täglichen Dingen umgehen. Jeder muss natürlich individuell für sich (oder sein Kind) entscheiden, was das Beste ist. Und da beginnt die eigentliche Schwierigkeit. Internet, Foren, Gesprächskreise, Gruppen etc ... Überall bekommt man Rat und Hilfe. Das ist auch gut so. Manchmal muss man Vorschläge „filtern“ um den besten Weg zu finden. Das ist bei der heutigen Informationsflut nicht einfach.

Wir haben für uns den richtigen Weg gefunden. Wir haben Malte’s Behinderung sofort akzeptiert und sind positiv und offen damit umgegangen und gehen es noch.

Wir haben eine optimistische Sichtweise, was unser Leben im Allgemeinen angeht und sind so an alle Entwicklungen und Ideen herangetreten. Natürlich nicht ohne auch gewissenhaft zu hinterfragen.

Wir haben uns mit der Medizin, Technik, den Vor- und Nachteilen eines CI’s beschäftigt.

Wir haben viel gesprochen; miteinander, mit Betroffenen und mit Freunden und Familie. Vor allem haben wir auch Malte, trotz seines jungen Alters, mit in unsere Gespräche einbezogen und ihn fühlen lassen, dass er ein wichtiger Teilnehmer an der Entscheidung zumindest zur bilateralen Versorgung ist.

Und wir haben unseren Weg danach beschritten. Malte’s Entwicklung bestätigt unsere Entscheidung voll.

Häufig wird das Thema „Krankenkassen und Zahlung der bilaterale Versorgung“ besprochen. In der Tat scheint eine positive Entscheidung zur vollen Kostenübernahme mit dem bearbeitenden Mitarbeiter der KK und natürlich auch dem medizinischen Dienst zusammen zu hängen.

In unserem Fall haben wir auf das Gespräch und die Aufklärung gesetzt. Wir haben freundlich mit dem Sachbearbeiter der KK telefoniert. Wir haben unsere Einstellung dargelegt und erklärt warum wir den Weg der bilateralen Versorgung gehen möchten. Wir haben natürlich auch positive Berichte und Forschungsergebnisse vorgelegt.

Wir haben auch mit den Ärzten des medizinischen Dienstes gesprochen, die letztendlich den Ausschlag für einen positiven Bescheid geben.

Wir haben nie mit Anwälten, Presse und ähnlichem gedroht, sondern haben offen, freundlich, aber auch bestimmt erklärt, warum uns die Entwicklung unseres Sohnes am Herzen liegt.

Wir können unserer Krankenkasse bzw. den Mitarbeitern nur danken. Sie haben uns angehört, waren immer gesprächsbereit. Sie haben offen mit uns gesprochen und uns an die Entscheidungsträger weitergeleitet.

Trotz der hohen Kosten (Ersatzteile, Batterien etc.) hat die BKK noch nie eine Einreichung abgelehnt oder hinterfragt. Diese Unterstützung ist sehr wichtig, da sie uns und Malte Sicherheit gibt.

In Cochlear haben wir einen tollen Partner mit Mitarbeitern, die uns jederzeit zur Seite stehen und uns aus allen schwierigen Lagen helfen (z.B. bei Ausfall der Technik).

 

Wir können hier wirklich nicht über alles berichten, das würde sicherlich den Rahmen sprengen. Es gäbe noch viel zu erzählen. Gerne stehen wir in Kontakt mit betroffenen Eltern, wenn es Fragen gibt.

 

Wir werden sicherlich auch weiter über Malte’s Entwicklung berichten.

 

To be continued ....

 

 

Stand: Mai 2006
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